JOACHIM ERBSLÖH
EIN NACHRUF



JOACHIM ERBSLÖH

Prof. Dr. med.
* 28. September 1909 in Barmen
† 13. Juni 2006 in Bad Oldesloe


Joachim, mein „Onkel 4. Grades", von seiner Frau Ingeborg (Minouccina) liebevoll „Gioacchino" genannt, wurde 1909 in Barmen geboren. Sein Vater war als praktischer Arzt bis 1943 in Wuppertal tätig und übte nach der Zerstörung seines Hauses durch Kriegseinwirkung seine Praxis im Westerwald aus.

Joachim besuchte zunächst eine Knabenvorschule seiner Heimatstadt und ab 1919 neun Jahre lang das humanistische Gymnasium. Schon sehr früh wußte er, daß er Arzt werden wollte. So studierte er in Kiel, Rostock, Innsbruck und Bonn, wo er 1933 das ärztliches Staatsexamen und seine Promotion zum Dr. med. ablegte.

Seine weitere Ausbildung und Berufstätigkeit führten ihn nach Schneidemühl/Westpreußen und Danzig. Im August 1939 wurde Joachim eingezogen und machte den Feldzug in Polen als Sanitäts-Offizier in einen Feldlazarett mit. Nach Beendigung dieses Feldzuges wurde er mit dem Aufbau und der Leitung einer Städtischen Frauenklinik in Bromberg/Westpreußen betraut und erhielt dadurch die seltene Gelegenheit, mit 30 Jahren und als einer der jüngsten Chefärzte in Deutschland sehr frühzeitig umfangreiche weitere selbständige Erfahrungen auf seinem Fachgebiet zu sammeln.

Während seiner ganzen Ausbildungszeit und seiner Bromberger Tätigkeit gehörte er weiterhin der Medizinischen Akademie in Danzig an, an der er sich 1944 habilitierte und eine Dozentur erhielt. Im November 1944 wurde er erneut als Sanitäts-Offizier zur Luftwaffe eingezogen und geriet bei der Kapitulation in russische Kriegsgefangenschaft, aus der er sich mit einem selbstgefertigten Entlassungspapier „entließ" um anschließend auf abenteuerlichen Wegen in den Westen zu gelangen. Dort fand Joachim seine Familie in Reinbek/Holstein wieder, eröffnete eine Praxis und bekleidete seit 1947 die Stelle eines Chefarztes an der Gynäkologisch-geburtshilflichen Abteilung des Kreiskrankenhauses Stormarn in Bad Oldesloe.

Seit 1959 hatte er einen Lehrauftrag für gynäkologisch-geburtshilfliche Röntgendiagnostik an der Universität Kiel inne.

Joachim war erster Vorsitzender des wissenschaftlichen Beirates des „Internationalen Seminars für ärztliche Fortbildung" und wurde 1964 Mitglied des „Internationalen Chirurgen College" mit Sitz in Chicago. 1973 erhielt er den „Prix Madeleine Rousseau" für seine Verdienste auf dem Gebiet der Farbenpsychologie. Hier hatte er über die Methoden, Patienten auch farbenpsychologisch zu beurteilen, mehrere wissenschaftliche Abhandlungen veröffentlicht.

1981 erhielt Joachim das „Großkreuz der italienischen Akademie für ökonomische und soziale Entwicklung". Noch 85-jährig wurde er in die New Yorker Academy of Science, der Wissenschaftler aus 150 Staaten, darunter 40 Nobelpreisträger, angehören, aufgenommen. Gleichfalls wurde dem Gynäkologen die Ehrenmitgliedschaft in der „Internationalen Vereinigung zum Schutz des Lebens" angetragen. Joachim hinterließ mehr als 100 wissenschaftliche Abhandlungen und Aufsätze.

Aus seiner ersten Ehe stammte ein Sohn, der noch zu Lebzeiten des Vaters verstarb. Im Alter beschäftigte sich Joachim intensiv mit der „fortgesetzten, vollständigen und bewußten Wahrnehmung des gegenwärtigen Moments ohne eigene urteilende Beteiligung" innerhalb des Zen-Buddhismus‘.

Mit Dankbarkeit denke ich an die schönen Wochen in Minouccinas Haus in der Toskana zurück, in dem wir manche Stunde miteinander philosophierten, und wo er - schon über 90jährig - mich bei „Sophies Welt", einem Philosophie- und Wissensspiel, um Längen schlug.

Schließen wir dieses Gedenken an Joachim Erbslöh mit seinem für ihn so typischen Wahlspruch aus der Feder Goethes:

„Tätig zu sein, ist des Menschen erste Bestimmung, und alle Zwischenzeiten, in denen er auszuruhen genötigt ist, sollte er anwenden, eine deutliche Erkenntnis der äußerlichen Dinge zu erlangen, die ihm in der Folge abermals seine Tätigkeit erleichtert."

Quellen

• Kürschners Deutscher Gelehrten-Kalender, München 2005
• Familienverband Erbslöh Wuppertal, Archiv


Andreas Erbslöh:
JOACHIM ERBSLÖH
2006
Über psychische und nervöse Störungen bei perniciöser Anaemie, Bonn, 1934
Über die röntgenologischen Darstellungsmöglichkeiten des weiblichen Genitalapparates mit Hilfe von Jodöl und Jodsol, Stuttgart : Thieme, 1951
Die Frau als Mutter, Ein frauenärztlicher Ratgeber für Schwangerschaft, Entbindung und Wochenbett, Stuttgart : Enke, 1953, 1959-2, 1966-3
Gynäkologische Röntgendiagnostik, zusammen mit Schultze, Günther, Stuttgart : Enke,1954-2
Über die Erkennungsmöglichkeiten der Dyspareunie im Farbentest, Stuttgart : Schattauer, 1955
Diagnóstico radiológico ginecología, zusammen mit Schultze, Günther, Madrid : Ed. Alhambra, 1958
Farbenpsychologie, Farbentherapie und Farberziehung, Uetersen : Nordmark, 1964
Der Rheumatismus in der Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Darmstadt : Steinkopff, 1966
PUBLIKATIONEN, AUSZUG
Veröffentlichungen von Joachim Erbslöh im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
Joachim Erbslöh in der Wikipedia-Enzyklopädie
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Leben für Medizin und Menschlichkeit

Trauer um den Oldesloer Prof. JOACHIM ERBSLÖH: Der Ganzheitsmediziner, Wissenschaftler, Jahrhundertzeuge, Kosmopolit und Menschenfreund ist im Alter von 96 Jahren gestorben.

37 Jahre lang - bis 1974 - war Erbslöh Chef der Gynäkologie des damaligen Kreiskrankenhauses Stormarn in Oldesloe und half in dieser Zeit gut 10000 Babys auf die Welt. Darüber hinaus veröffentlichte Prof. Erbslöh wissenschaftliche Arbeiten und wurde mit zahlreichen internationalen Ehren bedacht - wie der Aufnahme in die New Yorker Academy of Science, der Wissenschaftler aus 150 Staaten, darunter 40 Nobelpreisträger, angehören. Gleichfalls wurde dem Gynäkologen aufgrund seiner Verdienste auf dem Gebiet der Farbenpsychologie die Ehrenmitgliedschaft in der internationalen Vereinigung zum Schutz des Lebens angetragen. Nach seiner Pensionierung vertrat der gebürtige Wuppertaler Chefärzte in ganz Deutschland. Ein vorbildliches Leben für Forschung, Medizin und Menschlichkeit. Die wenig Freizeit, die ihm blieb, verbrachte der Professor auf denn Wasser: Er war ein leidenschaftlicher Segler.

LÜBECKER TAGEBLATT
19.6.2006

ZUM LEBENSLAUF: JÜRGEN ROTTMANN „PROF. DR. JOACHIM ERBSLÖH“
 

© 2011 FAMILIENVERBAND JULIUS ERBSLÖH
REDAKTION: ANDREAS ERBSLÖH